Wert

BEWERTUNG DER WEINGÜTER

EINE ERSCHRECKEND SCHWERE AUFGABE

Da jede einzelne Branche einzigartig ist, sollte man nicht Standard-Verkaufsmethoden anwenden. Wir dürfen zwar die Fähigkeit der Profiterzeugung nie in den Hintergrund stellen, so fällt beim angenommenen Wert aber die „Marke“ und die empfundene Weinqualität, die durch das Gewinnen von Preisen und die Anerkennung veranschaulicht wird, oft mehr ins Gewicht, als es vom zukünftigen „Finanz“-Investor erwartet wäre. Geben wir hierzu noch das Problem der Weinreifung dazu. Damit ist gemeint, dass der Produktionszyklus des Weines in Jahren und nicht in Tagen (oder in Stunden) wie in anderen „produzierenden“ Branchen anzugeben ist. Um in einem beliebigen Jahr eine Million Dollar Umsatz mit Wein zu machen, müssen wir das Doppelte oder Dreifache an Vorrat haben, was in ssern, Behältern und Flaschen reift. Angesichts der Wettbewerbssituation in der Weinindustrie – worauf sich viele als die Sättigung des Weinmarktes berufen – und der daraus resultierenden engen Margen wird es sofort verständlich, welch eine schwierige Aufgabe ein Experte hat, den man um die Bewertung eines Weingutes fragt. Was sind nun die Faktoren, die den Wert eines Weinanbauunternehmens erhöhen? Wie bereits früher erwähnt, ist der Bestand ein entscheidender Faktor bei der Bestimmung des Mindestwertes. Die oft entscheidende überschüssige Cashflow-Methode, die meistens bei anderen Unternehmen als Grundlage zur Bewertung herangezogen wird, ergibt nur sehr selten den realistischen Wert eines funktionierenden Weingutes. Der Wert, der sich bei der Verwendung dieser Berechnung ergibt, ist meist eine Kommastelle weniger als der Inventarwert. Prestige ist eine harte Sache, wenn wir eine realistische Zahl damit verbinden wollen; nichtsdestotrotz ist das Weingut, das regelmäßig beachtliche, preisgekrönte Weine herstellt, besser verkäuflich, als das Weingut, das jährlich die gleiche Menge oder den gleichen Wert verkauft, aber Weine schlechterer Qualität anbietet. Folglich ist der „Aufbau der Marke“ in einem Weinanbauunternehmen viel wichtiger als in anderen Unternehmen. Die „ordentlichen“ Unternehmen werden durch zahlreiche unterschiedliche, gut bewährte Methoden bewertet. Um nur einige zu nennen:

1. Discounted Cash Flow (DCF)-Analyse

2. Multiples Verfahren

3. Marktbewertung

4. Verfahren „Vergleichbare Transaktionen“

Warum kann keine dieser Methoden bei Weingütern angewendet werden? Die Inventarwerte bilden die erste Hürde, wie früher schon erwähnt. Leidenschaft, Stolz, Spaß (und das Trinken vom guten Wein) beeinflussen den Wert ebenfalls. Wie bereits erwähnt, sind die Weingüter wie die US-amerikanischen Profisport-Franchiserechte, das heißt, solange sie betrieben werden, werfen sie kaum Profit ab, aber sie machen sich bezahlt, sobald sie verkauft werden. Der Platz hier ist nicht ausreichend, um die Bewertung des Weinbestandes detailliert zu erörtern. Die Eigentümer glauben gerne (dem Nonsens), dass der Marktwert des Weines in den Fässern (oder des Mostes in den Behältern) identisch ist mit dem Einzelhandelswert, der bei den Weinproben oder in den Kaufhäusern erzielt wird. Die Käufer wollen den Bestand zum Selbstkostenpreis, sprich zum Preis der Weintrauben (aber wie bekommen wir diesen Wert, wenn das Weingut dem Eigentümer der Rebflächen gehört, nur die Lohnkosten der Weinleser?), der Fässer und der Halterungskosten kaufen. Der tatsächliche Wert liegt irgendwo zwischen diesen beiden Werten und ergibt sich durch Verhandlungen. Ein interessanter und praktischer Referenzwert kann der Marktwert der im Markt angebotenen vergleichbaren Fassweinen sein.

Ein anderer Wert, den man praktisch nicht bestimmen kann, ist der Firmenwert oder der Markenwert. Der Käufer und Verkäufer werden dazu Meinungen haben, die sich wahrscheinlich in der Größenordnung voneinander unterscheiden, nicht nur um einige Prozentpunkte. Die vierte der oben genannten Bewertungsmethoden – die den Wert von anderen verkauften Weingütern/Rebflächen zum Vergleich heranzieht – ist eine funktionierende Idee, abgesehen davon, dass diese Daten nur schwer zugänglich sind.

Die Hilfe von erfahrenen Experten kann die Parteien näher an den reellen Wert und letzten Endes an ein angemessenes Geschäft bringen.